Der ESV 1927 Regensburg bewältigte am Samstagabend eine Herkulesaufgabe: Stark dezimiert gewannen die Bunkerladies mit 22:21(12:12) bei den Kurpfalz Bären Ketsch und schoben sich durch den vierten Auswärtssieg in Serie auf den sechsten Platz vor. Mit nun 21:13 Punkten sind Bayerns beste Handballerinnen am 17. von 30 Spieltagen ihrem Saisonziel schhon kurz nach dem Rückrundenstart sehr nahe gekommen.
Dass dies in der Bärenhöhle klappen würde, war – trotz nur einer Bunkerladies-Niederlage in den letzten neun Auftritten – nicht unbedingt zu erwarten. Eine heftige Grippewelle hatte die Bunkerladies heimgesucht, der auch Trainer Bernhard Goldbach selbst zum Opfer gefallen war. Der Übungsleiter war daher in der Vorbereitung der Partie doppelt nicht zu beneiden, denn neben vier verletzten fehlten weitere Spielerinnen in den Trainingseinheiten, deren Einsatz sich erst am Spieltag entschied. Stark geschwächt konnten die Linkshänderinnen Julika Birnkammer und Annalena Kessler nur sehr dosiert eingesetzt werden. Das bedeutete jede Menge Umstellungen in Abwehr und Angriff: Sophia Peter rückte auf die Spielemacherinnenposition, Schwester Franziska übernahm den rechten Rückraum. Trotz der schwierigen Vorzeichen standen die Oberpfälzerinnen von Beginn an sehr gut in der Deckung und spielten sich im Angriff jede Menge klare Möglichkeiten heraus.
Gegen deren Verwertung hatte aber Ketsch-Keeperin Johanna Wiethoff etwas, die mit 18 Paraden eine überragende Partie ablieferte. So waren es auch bezeichnenderweise zwei Treffer durch Abpraller von Anika Neuer und der gut auflegten Sophia Peter, die den spärlichen Torreigen zum 2:0 aus Gästesicht eröffneten. Im Laufe des ersten Durchgangs hatte Regensburg klare Feldvorteile, brachte aber sage und schreibe zwölf freie Gelegenheiten nicht im Ketscher Tor unter. Hätten Deckung samt Torhüterin Joelle Arno nicht so einen klasse Job gemacht – die beste Torjägerin der Liga Svenja Mann traf erst in der 23 Minute ihr erstes ihrer insgesamt nur vier Tore – dann hätte der Chancenwucher stärkere Auswirkungen als das 12:12 zur Pause gehabt.
Der Tenor der Pausenansprache war klar: Sich endlich selbst für den Aufwand belohnen und die Bälle reinmachen. Das Vorhaben wurde zunächst auch gut umgesetzt, denn bei den ersten fünf ESV-Würfen nach Wiederanpfiff brachte Wiethoff keine Hand an den Ball. Die ESV-Abwehr, in der phasenweise alle drei Kreisläuferinnen standen, war nun ein richtiges Bollwerk, das Ketsch gut elf Minuten nicht zu knacken vermochte. Einzig Wiethoff und der Pfosten verhinderten dann eine noch höhere ESV-Führung als das 18:12, das die wieder einmal bärenstarke Franzi Peter besorgt hatte. Als Sophia Ewald in der 51. Minute einen für Kreisläuferinnen eher untypischen Sololauf mit links zum 22:16 in die Maschen drückte, schien die Vorentscheidung gefallen.
Doch wieder nutzten die Regensburgerinnen in der Folgezeit die Chancen nicht: Die freien Gelegenheiten wurden so zur Wurffalle und Ketsch kam doch noch einmal bedrohlich heran. Es brauchte dann zwei wichtige Paraden von Joelle Arno, um mit dem letzten Tropfen Sprit über die Ziellinie zu fahren. „Auch wenn ich unseren Fans die Herztropfen gerne erspart hätte, bin ich einfach nur heilfroh über den Sieg, egal, wie er zustande gekommen ist. Ich kann vor den Mädels nur den Hut ziehen, sie haben allen Widrigkeiten getrotzt. Wenn man mir im Sommer gesagt hätte, dass wir mit sieben Neuzugängen und einer blutjungen Mannschaft im Februar so gut dastehen würden, hätte ich es nicht geglaubt, aber natürlich unterschrieben“, freute sich ESV-Trainer Bernhard Goldbach über den Zweier, der das Punktekonto (8:8) in fremden Hallen ausglich. „Wir haben gegen einen Gegner, der mit dem Rücken zur Wand stand und gewinnen musste, nicht einmal in Rückstand gelegen, allein deshalb war der Sieg schon verdient. Riesiges Kompliment an die Mannschaft und den Trainer. Zehn Punkte Abstand auf Platz zehn und 14 auf den ersten Abstiegsplatz sind phänomenal“, sagte der Sportliche Leiter Robert Torunsky. Durch den Sieg können die Bunkerladies nun völlig entspannt in das Heimspiel gegen Spitzenreiter und Aufstiegsfavorit Halle-Neustadt am kommenden Samstag gehen – hoffentlich personell nicht wieder so gebeutelt.
ESV 1927 Regensburg:
Tor: Arno, Baur
Feld: F. Peter 9/1, S. Peter 4, Neuer 3, Drachsler 2, Ewald, Fuhrmann, Härtl, Seiler je 1 sowie Mustafic, Kessler, Birnkammer, Mehlhaff und L. Goldbach