Kapitänin Franzi Peter und Melina Hahn erfolgreichste Werferinnen für die Regensburgerinnen
Leverkusen/Regensburg – Zwei große Traditionsvereine im Frauenhandball, doch tatsächlich kreuzten der TSV Bayer 04 Leverkusen und der ESV 1927 Regensburg am Samstag zum allersten Mal die Klingen in einem Punktspiel. Es sollte ein Abend der Premieren werden: Die zweite war die Anwurfzeit um 20 Uhr – so spät hatten die Bunkerladies bei einer Fahrtstrecke von über 500 Kilometern noch nicht antreten müssen.
Für beide Teams stand viel auf dem Spiel: Das Bundesliga-Gründungsmitglied aus Nordrhein-Westfalen hatte in der abgelaufenen Runde nach 49 Jahren den Gang in die Zweitklassigkeit antreten müssen. Trotz einiger klangvoller Namen wie Ex-Nationalspielerin Annika Ingenpaß und einiger Legionärinnen hatte das Team von Ex-Bundestrainer Michael Biegler aber die ersten drei Saisonpartien verloren und stand im Heimspiel entsprechend unter Druck. Anders als noch vor der dreiwöchigen Ligapause bei der Auswärtsniederlage in Kirchhof waren der genesene Trainer und einige Leistungsträgerinnen wieder an Bord.
Von Beginn an entwickelte sich ein temporeiches Spiel mit offenem Visier. Regensburg hatte in der Anfangsphase bei zwei Pfostentreffern von Rechtsaußen Annalena Kessler Pech. In den Tag der Premieren reihte sich nach knapp sechs Minuten auch Theresa Lettl ein, die nach elf erfolgreichen Strafwürfen in den ersten drei Saisonspielen erstmalig vom Punkt scheiterte. Die Linkshänderin konnte das aber verschmerzen, da sie im Nachwurf erfolgreich war. Als die wie beim Heimsieg über Solingen-Gräfrath auf der Spielmacher-Position gestartete Lettl bei 13:32 ihre erste Hinausstellung erhielt, waren die Oberpfälzerinnen drei Tore (8:5) zurück und in Unterzahl. Deshalb folgte eine weitere Premiere, das lang erwartete Saisondebüt von ESV-Kapitänin Franziska Peter, die seit Ende Juli mit einem Muskelfaserriss ausgefallen war. Trainer Bernhard Goldbach unterstützte sein Team in dieser kritischen Phase mit einer Auszeit. Melina Hahn holte dann mit einer tollen Finte einen Strafwurf heraus, den sie selbst verwandelte – der Auftakt für eine starke ESV-Viertelstunde bis zur Pause. Die auf der anderen Seite für den Strafwurf eingewechselte Ella Jaeschke half an alter Wirkungsstätte mit, dass Dana Gruner vom Punkt nur den Pfosten traf. Die unbeschadet überstandene Unterzahl samt Treffern von Julika Birnkammer (2) und Lucia Kollmer sorgten für die erste ESV-Führung (8:9) – und zu einer Biegler-Auszeit.
Die Leverkusener Rückraum-Würfe fanden ihr Ziel aber nicht mehr und Kollmer konnte nach einem Pfostenkracher von Denise Mol im direkten Gegenzug per erster Welle auf die erste Zwei-Tore-Führung stellen. Die Bunkerladies präsentierten sich in nun sehr spielstark und kamen nahezu immer zu hochkarätigen Möglichkeiten. Das 2025/26-Premientor von Franziska Peter zum 12:9 aus ESV-Sicht und ein stark parierter Strafwurf von Jaeschke legten die Basis für die 17:13-Pausenführung der Gäste. Zu der hatten insbesondere auch weitere eingewechselte Spielerinnen wie Maxie Fuhrmann und Lisa Opitz mit starken Aktionen beigetragen.
Nach dem Seitenwechsel blieben die Regensburgerinnen das bessere Team. Diana Feles sorgte beim 23:17 in der 43. Minute für die höchste ESV-Führung. Beim 27:20 durch die starke Lucia Kollmer in der 47. Minute sah alles nach dem ersten ESV-Auswärtszweier in der noch jungen Spielzeit aus. Die dritte Zeitstrafe gegen Theresa Lettl – der Rote Karton war für sie in ihrer vierten Zweitliga-Saison natürlich auch eine Premiere – und das erfolgreiche 7:6 Leverkusens brachten die Bunkerladies beim 27:29-Anschlusstreffer in der 55. Minute aber doch noch einmal in die Bredouille. Melina Hahn krönte ihre Leistung aber mit einem Tor, und in den letzten fünf Minuten sollte Leverkusen überhaupt kein Treffer mehr gelingen. Lucia Kollmer holte dann noch einen Strafwurf heraus, den Kapitänin Franziska Peter nach Ablauf der Spielzeit zum 27:32-Endstand verwandelte.
„Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, die heute viele Matchwinner hatte und völlig verdient gewonnen hat“, freute sich ESV-Coach Bernhard Goldbach. Der Übungsleiter und sein Staff hatten eine herausfordernde Trainingswoche mit etlichen kranken Spielerinnen hinter sich und musste auf die verletzte Sophia Ewald sowie die erkrankte Sophia Peter verzichten. Goldbach war vor allem mit der Offensive zufrieden, die mit viel Spielwitz und Willen agierte. „Die Spannung zum Schluss hätte es nicht gebraucht, aber am Ende steht ein deutlicher Sieg, der uns nicht nur tabellarisch wahnsinnig gut tut.“ Auch der Sportliche Leiter Robert Torunsky war erleichtert über den Erfolg in der Vier-Punkte-Partie: „Die Art und Weise der Anwurfzeitverlegung des Gegners hat uns geärgert und für zusätzliche Motivation gesorgt. Die sportliche Antwort ist immer die Beste.“
So durften die Bunkerladies nach fünf Uhr morgens zumindest glücklich mit zwei Punkten aus dem Bus in Regensburg aussteigen. Der zweite Sieg in Serie bedeutet einen guten achten Platz im Sechzehner-Feld der ALSCO 2. Handball Bundesliga-Frauen.
Personalie:
Rückraumspielerin Emma Seiler tauscht ab sofort das Trikot der ESV 1927 Regensburg gegen das des HC Erlangen ein. Angesichts der Konkurrenzsituation im Rückraum kam die noch 22-Jährige auf die Verantwortlichen mit dem Wechselwunsch zu. „Emma hat sich immer hervorragend verhalten und deshalb haben wir nach reiflicher Überlegung ihr den Wunsch erfüllt, da wir die auf ihren Positionen gewünschte Spielzeit aktuell nicht zusichern können“, sagt der Sportliche Leiter Robert Torunsky. Mit dem HC Erlangen wurde bereits in der Vergangenheit gut kooperiert und deswegen könne die Spielberechtigung für die Mittelfranken eine Win-win-Situation für alle Beteiligten sein. „Wir wünschen Emma das Beste und werden ihre Entwicklung genau im Blick behalten“, sagt Torunsky.
ESV 1927 Regensburg:
Tor: Arno, Jaeschke
Feld: F. Peter 7/2, Hahn 7/3, Birnkammer, Kollmer je 4, Fuhrmann 3, Lettl 3/1, Feles 2, Opitz, Stürenburg, Härtl, Kessler, Mustafic